Solidarität und Eigenverantwortung: Gerade jetzt

Eigenverantwortung reicht zur Bewältigung unserer ausserordentlichen Situation nicht aus. Die Gesundheit und schon gar nicht das Gesundheitswesen darf nicht im Namen selbstverantwortlichen Handelns von der Gemeinschaft wegdelegiert werden. Solch eine Delegation eines Gesunden an eine Risikoperson oder Erkrankte/n ist egoistisch und unmenschlich.

Die derzeitig stark einseitige Fokussierung auf und Erwartung an staatlich verordnete (Verbots-)Massnahmen und grundrechtlichen Einschränkungen ist genauso heikel. Diese zusätzlich mit moralischen Appellen zu verknüpfen und «Exitstrategien» (d.h. das Zurücknehmen von massiven grundrechtlichen Einschränkungen) als unsolidarisch zu bezeichnen ist ebenso – egoistisch und unmenschlich.

Solidarität ist kein Widerspruch zum Prinzip der Eigenverantwortung, daran muss gerade jetzt deutlich erinnert werden. Um unser gesellschaftliches Leben wieder an die «Normalität» heranzuführen, werden wir auf selbstverantwortliches Handeln angewiesen sein. Wir werden gefordert sein auf unsere Gesundheit selbstständig zu achten und gleichzeitig alles dafür zu tun, Gefährdete solidarisch durch unser Handeln zu schützen.

Solidarisches Handeln wird jedoch nicht durch Verbote, sondern hauptsächlich durch Befähigung ermöglicht. Dieser Balanceakt scheint zur Zeit ziemlich aus dem Gleichgewicht geraten, bekomme ich gar zu hören, dass sich der Grad der Selbstverantwortung an der Einhaltung derzeitiger Verbote misst.

Folgen wir dieser Prämisse werden wir nicht nur unsere Grundrechte und Grundfreiheiten für lange Zeit verlieren – nein noch schlimmer, wir schwächen damit unser eigenverantwortliches und somit solidarisches Verhalten zum Schaden der Schwächeren und Gefährdeten in dieser ausserordentlichen Lage.

Klar: Die Situation ist so komplex und emotional herausfordernd, dass Appelle alleine an die Selbstverantwortung nicht ausreichen. Aber die zukünftigen Regelungen müssen so austariert sein, dass diese sowohl der Eigenverantwortung als auch der Solidarität genügend Rechnung tragen. Erst so kann eine wirkungsvolle langfristige Kooperation mit der Bevölkerung stattfinden. Diese ist zur Zeit äusserst fragil.

12. April 2020 von thomas
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