Olympiakandidatur der Schweiz: Zwischen Nachhaltigkeit und Verrücktsein

In der Tageswoche erschien heute ein Interview mit Jörg Schild zur allfälligen Olympiakandidatur der Schweiz.

Meine Gedanken dazu

Der Nachhaltigkeitsbegriff beruht auf drei Säulen: Ökologische, ökonomische und soziale Ziele sollen gleichberechtigt umgesetzt werden um die Leistungsfähigkeit der Gesellschaft sicher zu stellen und zu verbessern. Je nach Biographie, politischem Couleur, persönlichen Wertvorstellungen, etc. wird in der Nachhaltigkeitsdebatte eine Säule stärker gewichtet. Eine Einigkeit in dieser Frage ist kaum möglich, die Nachhaltigkeit abzusprechen gleichzeitig einfach. So auch in der Olympiadiskussion. Kommt hinzu, dass die Nachhaltigkeitsbeurteilung auf der Kosten-Nutzen Frage aufgebaut ist, einer Bewertungsmethode unserer modernen durchökonomisierten produktivitätsorientierten Zeit. Das Irrationale und die sogenannten weichen nicht quantifizierbaren Faktoren (Stimmung, Motivation, Zufriedenheit, Glück, etc.), haben kaum Platz. Denkbar schwierig also die Argumentation für Olympia auf den Säulen der Nachhaltigkeit aufzubauen.

Wäre es aber nicht gerade für die Schweiz – die so wunderbar nach dem Leistungs- und Effizienzprinzip funktioniert, wo das Sicherheitsdenken den Ton angibt und Zustimmung vor allem dann geschaffen wird, wenn der Nutzen bestenfalls schon vorher bestimmt und das Risiko verschwindet klein ist – gerade die Olympiade ein befreiendes Projekt? Die Gefahr in unserem Land  auf dem Sockel des bisher Erreichten und in der Zwangsjacke des Courant normal in eine Genügsamkeit und Lethargie zu verfallen ist gross. Übersättigung und Gleichgültigkeit macht sich breit. Innovation, Kreativität und Spirit werden zur Ausnahmeerscheinung. Der Mut über die Form einer Olympiade mitzubestimmen wird von Zweifeln und (auch berechtigter) Skepsis erdrückt.

Eine Olympiade im eigenen Land durchzuführen ist eine verrückte Kiste voller Unbekannten, Reibungsflächen und Risiko. Sinn oder Unsinn liegen nahe beieinander und lassen sich kaum definieren. Rationale Argumente dafür sind nur schwierig überzeugend formulierbar. Die Fragezeichen gleich gross wie die Ausrufezeichen. Und doch: Alle zwei Jahre ziehen Grossanlässe wie Olympiaden oder Fussballendrunden die Masse in ihren Bann. Verzaubern die Bevölkerung und die BesucherInnen des veranstaltenden Landes und wecken Emotionen rund um unseren Erdball. Für viele ein neues, seltenes oder bereits verlerntes Gefühl. Probleme werden temporär vergessen und Konflikte aufgeschoben. Identifikation, Freude, Trauer, Wut, Leidenschaft und Zusammenhalt erlebt. Unbeschreiblich und nicht nachvollziehbar. Und dann; nach einem Augenblick ist alles wieder vorbei, der Alltag zurück und die Frage der Nachhaltigkeit und der Vernunft hat uns wieder im Griff. Der Aufwand war riesig, das Ergebnis nicht messbar. Das ist doch verrückt.  Lasst uns doch wieder mal (nachhaltig) verrückt sein!

 

 

 

04. Januar 2013 von thomas
Kategorien: Politik | Schreibe einen Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert